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Jesus im Islam: Der Prophet ‘Īsā ibn Maryam – Eine umfassende Einführung

Jesus im Islam – für viele Menschen außerhalb der muslimischen Welt mag diese Vorstellung überraschend sein. Doch der Mann aus Nazareth, der im Islam als Prophet ‘Īsā ibn Maryam (Jesus, Sohn der Maria) bekannt ist, nimmt eine zentrale und hochverehrte Stellung im Koran und in der islamischen Tradition ein. Er ist ein wichtiger Gesandter Gottes (Rasūl Allāh) und wird an über 25 Stellen im Koran erwähnt, oft mit großem Respekt und besonderen Ehrentiteln.

Erfahren Sie, welche Rolle Jesus im Islam spielt, welche Unterschiede zur christlichen Lehre bestehen und warum seine erwartete Wiederkunft für Muslime von großer Bedeutung ist.


‘Īsā ibn Maryam: Name und Titel im Islam

Muslime kennen Jesus nicht unter dem Namen „Jesus“, sondern als ‘Īsā (عِيسَىٰ), was die geläufigste arabische Form seines Namens im Koran ist. Der Zusatz ibn Maryam (Sohn der Maria) ist dabei essenziell, da er seine wundersame Geburt und die hohe Stellung seiner Mutter, Maryam (Maria), hervorhebt. Maria selbst ist die einzige Frau, der im Koran eine ganze Sure gewidmet ist (Sure 19, Maryam).

Darüber hinaus trägt Jesus im Koran bedeutende Ehrentitel:

  • Al-Masīḥ (المسيح): Der Messias. Im Islam wird dieser Titel als Ausdruck seiner gesegneten Natur und seiner Fähigkeit, Kranke zu heilen (durch Salbung), interpretiert, unterscheidet sich aber von der christlichen Definition des göttlichen Erlösers.
  • Kalimatullāh (Wort Gottes): Jesus wird als ein „Wort von Ihm“ beschrieben (Sure 3:45). Dies bezieht sich auf das göttliche Schöpfungswort „Sei!“ (Kun!) bei seiner Empfängnis und unterstreicht seine einzigartige, wundersame Erschaffung.
  • Rūḥ Allāh (Geist Gottes): Er wird auch als „ein Geist von Ihm“ bezeichnet (Sure 4:171), was seine außergewöhnliche Verbindung zu Gott kennzeichnet.

Die Rolle von Jesus als Prophet

Im Zentrum der islamischen Sichtweise steht Jesus als einer der großen Propheten (Ulū l-‘Azm) Gottes, gleichgestellt mit Noah, Abraham, Moses und Mohammed. Seine zentrale Aufgabe war es, die Israeliten (Banī Isrā’īl) zum reinen Monotheismus (Tawḥīd) zu rufen und das Evangelium (al-Injīl) zu überbringen.

Mensch und Gesandter, nicht Gott

Ein fundamentaler Unterschied zur christlichen Lehre ist die strikte Ablehnung der Göttlichkeit Jesu oder der Trinität im Islam. Der Koran betont, dass ‘Īsā ein Mensch und ein Diener Gottes (‘Abd Allāh) war, der als Prophet gesandt wurde, um die Einheit Gottes (Allahs) zu verkünden. Die islamische Theologie betrachtet die Vorstellung, dass Gott einen Sohn haben könnte, als Shirk (Beigesellung), die größte Sünde im Islam.

Der Koran macht deutlich:

„Christus Jesus, der Sohn der Maria, ist nur der Gesandte Gottes […] Gott ist nur ein einziger Gott. […] (Er ist darüber erhaben) ein Kind zu haben.“ (Sure 4:171)

Wundersame Geburt und göttliche Parallele

Muslime glauben ebenso wie Christen an die Jungfrauengeburt Jesu durch Maria, was seine Einzigartigkeit als Zeichen Gottes (Āya) unterstreicht. Der Koran zieht hier eine tiefgründige Parallele:

„Gewiss, das Gleichnis Jesus’ ist bei Gott wie das Gleichnis Ādams. Er erschuf ihn aus Erde, hierauf sagte Er zu ihm: «Sei!» Und da war er.“ (Sure 3:59)

Beide, Adam und Jesus, wurden ohne irdischen Vater erschaffen, was ihre Schöpfung als reine Demonstration von Gottes Allmacht hervorhebt.


Die Wunder von ‘Īsā: Klare Beweise

Im Islam werden Jesus zahlreiche beeindruckende Wunder zugeschrieben, die seine prophetische Legitimation belegen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Muslime diese Wunder ausschließlich als Taten Gottes sehen, die Jesus mit Gottes Erlaubnis vollbrachte.

Zu den im Koran erwähnten Wundern gehören:

  1. Das Sprechen in der Wiege: Als Säugling spricht Jesus, um seine Mutter Maryam vor Verleumdungen zu verteidigen (Sure 19:29-33).
  2. Die Belebung von Tonvögeln: Er formte Vögel aus Ton und hauchte ihnen mit Gottes Erlaubnis Leben ein.
  3. Heilungen: Er heilte Blinde und Aussätzige.
  4. Die Totenauferweckung: Er erweckte Tote zum Leben.
  5. Der herabgesandte Tisch mit Speisen: Auf Bitten seiner Jünger sandte Gott einen Tisch mit Speisen vom Himmel herab (Sure 5:112-115).

Diese Wunder sind „klare Beweise“ (al-Bayyināt, Sure 2:87), die die Wahrhaftigkeit seiner Botschaft bezeugen.


Kreuzigung und Himmelfahrt

Einer der größten theologischen Unterschiede betrifft das Schicksal Jesu:

  • Ablehnung der Kreuzigung: Der Islam lehnt die Vorstellung ab, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Im Koran heißt es: „Sie haben ihn aber weder getötet noch gekreuzigt, sondern es erschien ihnen nur eine Ähnlichkeit.“ (Sure 4:157).
  • Erhöhung zu Gott: Muslime glauben, dass Gott Jesus lebend zu sich in den Himmel erhoben hat. ‘Īsā ist demnach nicht gestorben, sondern wartet im Himmel auf seine Rückkehr.

Die Wiederkunft Jesu im Islam

Die Wiederkunft Jesu (Ruju’ Īsā) ist ein fest verankerter Glaube im Islam und ein zentrales Zeichen der Endzeit. Er wird nicht nur im Koran angedeutet (Sure 43:61), sondern ist vor allem in den authentischen Aussprüchen des Propheten Mohammed (Hadithe) ausführlich beschrieben.

‘Īsā ibn Maryam wird vor dem Jüngsten Tag auf die Erde zurückkehren, um als gerechter Herrscher zu walten und das Unrecht zu beenden.

Seine Rolle in der Endzeit:

  1. Bekämpfung des Falschen Messias (al-Masīḥ ad-Dajjal): Jesus wird den Dajjal, eine mächtige, verführerische Figur, besiegen.
  2. Wiederherstellung der Gerechtigkeit: Er wird als fairer Richter die Erde regieren und die Herrschaft des reinen Monotheismus (Tawḥīd) etablieren.
  3. Abolition der Jizya: Laut den Hadithen wird er die Sondersteuer für Nicht-Muslime (Jizya) aufheben und nur noch den Islam akzeptieren.

Nach einer Zeit des Friedens und des Überflusses wird Jesus sterben und in der Nähe des Propheten Mohammed in Medina begraben werden. Seine Rückkehr gilt somit als Vollendung seiner prophetischen Mission auf Erden.


Fazit: Der verehrte Prophet

Jesus im Islam, oder ‘Īsā ibn Maryam, ist ein mächtiger Bote Gottes, dessen wundersame Geburt und die ihm gewährten Wunder seine einzigartige Stellung unterstreichen. Er ist der Messias (al-Masīḥ), der die Einheit Gottes lehrte und dessen Botschaft durch den späteren Propheten Mohammed bestätigt und vollendet wurde.

Für Muslime ist ‘Īsā eine Brücke zu den abrahamitischen Religionen und ein strahlendes Beispiel für Frömmigkeit, Wahrheit und Gottesfurcht. Das Warten auf seine Wiederkunft vereint Muslime weltweit in der Hoffnung auf eine endgültige Ära der Gerechtigkeit und des Friedens.

Tilmann Krüger

liebt es, die Welt durch verschiedene Linsen zu betrachten. Auf diesem Blog teilt er seine Neugierde und tiefgründigen Einblicke zu Technik, Geschichte und allem, was das Leben spannend macht. Begleiten Sie ihn auf dieser eklektischen Entdeckungsreise!

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